Eine identifizierende Berichterstattung über ein Mitglied der „Pick-Up-Artist-Szene“ ist zulässig.

So liegt entgegen der Annahme des Senats in seiner Entscheidung vom 7. Januar 2016 kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, wonach der Einzelne grundsätzlich selbst darüber entscheiden kann, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. Nach der Entscheidung des BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 -1 BvR 16/13, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nämlich abweichend zu verstehen, und zwar primär als Gewährleistung, die insbesondere vor intransparenter Verarbeitung und Nutzung von Daten durch Private schützt.

Es bietet Schutz davor, dass Dritte sich individueller Daten bemächtigen und sie in nicht nachvollziehbarer Weise als Instrument nutzen, um die Betroffenen auf Eigenschaften, Typen oder Profile festzulegen, auf die sie keinen Einfluss haben und die dabei aber für die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Davon zu unterscheiden ist der Schutz vor der Verarbeitung personenbezogener Berichte und Informationen als Ergebnis eines Kommunikationsprozesses.

Schutz gegenüber solchen Gefährdungen bieten die äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unabhängig vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Betroffen ist damit das von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2006 – VI ZR 259/95, Rn. 11).

OLG Frankfurt 16 U 47/20 vom 04.02.2021 – Pick-Up-Artist-Szene

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Januar 2020, 2-03 O 513/18, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 30.000,- € festgesetzt.

Gründe

A.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung einer ihn durch Angabe des Namens, seines Studentenstatus sowie der Bezeichnung seiner Nebentätigkeit und durch Veröffentlichung eines Bildnisses identifizierenden Berichterstattung, wie geschehen in zwei Artikeln, die in der AStA-Zeitschrift der Universität O1 vom … veröffentlicht wurden und sich mit der sog. „Pick-Up-Artist-Szene“ befassten.

Vorangegangen sind ein – damals gegen den AStA der Universität O1 gerichtetes – einstweiliges Verfügungsverfahren, in dem der Senat mit Urteil vom 7. Januar 2016 (16 W 63/15) die von dem Landgericht abgelehnte einstweilige Verfügung erlassen hat, sowie ein Hauptsacheverfahren, in dem das Landgericht – bestätigt durch Urteil des Senats vom 14. September 2017 (16 U 1/17) – die gegen den AStA gerichtete Klage mangels Parteifähigkeit des AStA als unzulässig abgewiesen hat. Nunmehr richtet sich die Klage gegen die Studierendenschaft der Universität O1 als Herausgeberin der AStA-Zeitung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 186 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht ist von der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ausgegangen und hat der Klage – bis auf einen Teil der Zinsen – stattgegeben. Dabei hat es im Wesentlichen das Urteil des Senats vom 7. Januar 2016 zitiert und kurz ergänzt. Danach habe sich die Beklagte den Inhalt der beiden Artikel zu Eigen gemacht. Der Kläger sei erkennbar. Die identifizierende Berichterstattung sei als Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht unzulässig. Zwar tangiere die Berichterstattung den Kläger in seiner Sozialsphäre. Sie betreffe freilich nicht die Betätigung des Klägers im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit im Wirtschaftsleben, da sich die Artikel nicht mit der nebenberuflichen Tätigkeit des Klägers in der Agentur auseinandersetzten, sondern mit der Art und Weise der im Kurzbeitrag gezeigten Anmachtaktik Frauen gegenüber. Zwar sei die Pick-Up-Artist-Szene in O1 ein die Öffentlichkeit aktuell berührendes Thema. Eine Identifizierung sei jedoch nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besäßen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse bestehe. Hier könne dem öffentlichen Informationsinteresse genügt werden, ohne den Kläger zu identifizieren. Auch der Umstand, dass der Kläger sein Recht auf Anonymität durch den im … ausgestrahlten Kurzbeitrag verlassen habe, rechtfertige keine andere Würdigung. Die Beklagte könne sich nicht auf Art. 5 GG berufen.

Der Kläger werde auch in seinem Recht am eigenen Bild verletzt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 191 ff. d.A.) verwiesen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie rügt die Verletzung ihres Grundrechts auf rechtliches Gehör, da sich das Landgericht nicht mit den vorgetragenen Argumenten auseinandergesetzt habe.

Die Beklagte habe sich die Äußerungen nicht zu Eigen gemacht. Im Bereich des Hochschulrechts werde bei Veröffentlichungen in einer Publikation der Studierendenschaft streng zwischen eigenen Äußerungen der Studierendenschaft und den namentlich gekennzeichneten Beiträgen von Studierenden unterschieden. Würde der Studierendenschaft allein deshalb, weil sie namentlich kenntlich gemachte Äußerungen ihrer Mitglieder in ihren Publikationen abdrucke, unterstellt, sie mache sich diese Äußerungen zu eigen, werde ihr die Wahrnehmung der ihr hochschulrechtlich zugewiesenen Aufgaben zivilrechtlich untersagt. Sie solle nämlich zur politischen Bildung beitragen, indem sie in den Veröffentlichungen Raum für kontroverse Diskussionen allgemeinpolitischer Themen unter den Studierenden gebe. Angesichts der namentlichen Kennzeichnung der Beiträge sei nicht davon auszugehen, dass sich die Beklagte die Äußerungen zu Eigen gemacht habe.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts setze sich der Artikel mit der nebenberuflichen Tätigkeit des Klägers auseinander. Eine zutreffende Berichterstattung aus dem Bereich der Sozialsphäre müsse grundsätzlich hingenommen werden. Auch eine identifizierende Berichterstattung müsse nach den Umständen des Einzelfalls hingenommen werden. Da der Kläger selbst den Weg in die Öffentlichkeit gesucht und sich als Vertreter der Pick-up-Artist-Szene öffentlich im Fernsehen präsentiert habe, müsse er eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Person hinnehmen. Es gehe auch nicht nur um die Tätigkeit des Klägers in der Pick-up-Artist-Szene, sondern auch darum, dass er zugleich in der Öffentlichkeit mit besonderer Aufmerksamkeit beachtete Ämter wahrnehme. Der Auftritt des Klägers im Fernsehen habe immerhin dazu geführt, dass der damalige Vorstand des … G die Berichterstattung zum Anlass genommen habe, den Rücktritt des Klägers als Vorstandsmitglied zu fordern, worüber in der Presse berichtet worden sei. Der Fernsehbeitrag sei weiterhin über das YouTube-Portal abrufbar gewesen.

Die Beklagte müsse sich – jedenfalls soweit sie sich auf ihre Aufgabe stütze, ihren Mitgliedern in ihren Organen Gelegenheit zur Diskussion zu geben – auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen können. Nur weil die Äußerungen im Rahmen einer Publikation der Beklagten erfolgten, führe dies nicht dazu, dass die Verbreitung dieses Beitrags nicht mehr grundrechtlich geschützt sei. Auch das Verbreiten von Meinungen sei grundrechtlich geschützt.

Auch die Bildberichterstattung sei zulässig. Das Bild sei aus der Sendung „N“ herauskopiert. Die Beklagte habe zudem bereits in dem Vorverfahren strafbewehrt die Unterlassung der Veröffentlichung anerkannt. Der Kläger könne nicht geltend machen, dass er weiterhin mit einer Bildberichterstattung der Beklagten rechnen müsse.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Januar 2020, Az. 2-03 O 513/18, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Presserechtliche Regelungen seien im Rahmen der hochschulrechtlichen Aufgabenwahrnehmung weiterhin zu beachten und gälten uneingeschränkt fort. Die der Beklagten nach dem Hochschulrecht zukommende Aufgabe, in Veröffentlichungen Raum für kontroverse Diskussionen allgemeinpolitischer Themen zu schaffen, werde durch die presserechtlichen Regeln der Zurechnung fremder Äußerungen nicht beschränkt oder behindert. Um eine Zurechnung von Äußerungen Dritter zu verhindern, sei eine ernsthafte Distanzierung vom Inhalt der Äußerungen erforderlich. Allein die namentliche Kennzeichnung oder der allgemeine Hinweis im Impressum reiche dafür nicht aus.

Die Rechtsprechung stelle an die Zulässigkeit der identifizierenden Berichterstattung besondere Anforderungen, auch wenn nur die Sozialsphäre betroffen sei. Sie sei nur ausnahmsweise und in besonders gelagerten Einzelfällen zulässig, und zwar auch im nicht strafrechtlich relevanten Bereich.

Dass die Pick-up-Artist-Szene in O1 ein die Öffentlichkeit berührendes Thema sei und der Senat der Universität O1 eine Resolution verabschiedet habe, stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu einem konkreten Verhalten des Klägers. Der Kläger habe auch zu keinem Zeitpunkt eine herausgehobene Position in der Pick-Up-Artist-Szene innegehabt.

Entgegen der Beklagtenansicht setze sich der Artikel auch nicht mit der nebenberuflichen Tätigkeit des Klägers auseinander.

Die Beklagte sei nicht grundrechtsfähig.

Die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die Bildberichterstattung sei durch die Unterlassungserklärung des AStA nicht entfallen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 23. April 2020, 27. Mai 2020 und 29. Juni 2020 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

I. Das Landgericht hat den Zivilrechtsweg für gegeben erachtet. Diese Entscheidung ist gemäß § 17a Abs. 5 GVG vom Senat nicht zu überprüfen.

§ 17a Abs. 5 GVG würde allerdings dann keine Anwendung finden, wenn die Beklagte die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs erstinstanzlich gerügt hätte. Dann hätte nämlich das Landgericht gemäß § 17a Abs. 3 S. 2 GVG vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs entscheiden müssen und § 17a Abs. 5 GVG wäre aufgrund der regelwidrigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs durch Urteil trotz Rüge nicht anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 – III ZR 9/92; Zöller/Lückemann, 32. A., § 17a GVG Rn. 18). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht gerügt. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass nach der aus ihrer Sicht unzutreffenden Argumentation des Klägers der Verwaltungsrechtsweg gegeben wäre; zugleich hat sie aber deutlich gemacht, dass sie den Zivilrechtsweg – den der Kläger beschritten hat – für zulässig erachtet. In einem solchen Fall war das Landgericht nicht zu einer Vorabentscheidung nach § 17 a Abs. 3 S. 2 GVG gezwungen, sondern konnte im Urteil über die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs entscheiden. Diese Entscheidung ist in der Rechtsmittelinstanz nach § 17a Abs. 5 GVG nicht zu überprüfen (MünchKommZPO/Zimmermann, 5. A., § 17a GVG Rn. 25).

II. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung einer identifizierenden Wortberichterstattung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB (analog) i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.

1. Der Kläger wendet sich gegen zwei unterschiedliche Artikel: „‘C‘ 2 …“, S. 44 f. der AStA-Zeitschrift (im Folgenden: Artikel 1) und „‘C‘: 1“ S. 40 ff. der AStA-Zeitschrift (im Folgenden: Artikel 2). Nimmt man den Antrag des Klägers wörtlich, bezieht er sich nur auf den Artikel 2. Nur dort wird der Kläger – wie im Antrag angegeben – als „Vorname1 A.“ und als Studierender der Uni B bezeichnet und nur dort heißt es „zugehörig zur … Y“. Demgegenüber wird der Kläger in Artikel 1 nur als „Vorname1“ bezeichnet, und es wird kein Bezug zu seinem Studentenstatus hergestellt. Der Senat geht aber im Wege der Auslegung davon aus, dass der Kläger letztlich die namentliche Nennung und die Bezeichnung seiner Nebentätigkeit auch in Artikel 1 beanstandet.

2. Entgegen der Annahme des Landgerichts, das sich insoweit auf eine vorangegangene Entscheidung des Senats vom 7. Januar 2016 (16 W 63/15) gestützt hat, haftet die Beklagte nicht deshalb auf Unterlassung, weil sie durch die beanstandete Berichterstattung selbst unzulässig in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen hätte. Denn die Beklagte hat die Artikel nicht selbst verfasst und sie sich auch nicht zu eigen gemacht. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 7. Januar 2016 von einem Zu-Eigen-Machen ausgegangen ist, hält er daran nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht fest.

a) Die Beklagte ist zunächst als intellektuelle Verbreiterin der Artikel anzusehen, da sie die Artikel in die AStA-Zeitschrift aufgenommen und veröffentlicht hat.

Ob sich ein intellektueller Verbreiter Fremdäußerungen zu Eigen macht, hängt davon ab, wie seine Darstellung auf den Durchschnittsleser wirkt und von ihm verstanden wird. Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung regelmäßig dann zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert, so dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen (BGH, Urteile vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, Rn. 19; vom 17. November 2009 – VI ZR 226/08, Rn. 11; vom 27. März 2012 – VI ZR 144/11, Rn. 11; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. A., Kap. 4 Rn. 102).

In seiner Entscheidung vom 7. Januar 2016 hat der Senat für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens insbesondere unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. November 1996 (VI ZR 232/95) im Wesentlichen darauf abgestellt, dass sich die Beklagte nicht eindeutig oder den Umständen nach in geeigneter Weise von dem Inhalt der beiden Artikel distanziert habe. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in späteren Entscheidungen ausgeführt, dass (auch) lediglich undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter dem Verbreiter zugerechnet werden können, wenn er sie sich zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 27. März 2012 – VI ZR 144/11, Rn. 11, Urteil vom 17.11.2009, VI ZR 226/08 Rn. 11). Dies bedeutet, dass nicht bereits ein Sich-zu-Eigen-Machen vorliegt, wenn keine Distanzierung erfolgt. Auch genügt es beispielsweise für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht, dass ein Presseorgan die ehrenrührige Äußerung eines Dritten in einem Interview verbreitet, ohne sich ausdrücklich von ihr zu distanzieren. Zudem kann sich schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, Rn. 19). Letztlich ist bei der Frage, ob sich ein Verbreiter fremde Inhalte zu eigen macht, eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände entscheidend, wobei insbesondere die Frage der inhaltlichen redaktionellen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 27. März 2012 – VI ZR 144/11, Rn. 11).

b) Die Beklagte vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass gerade die namentliche Kennzeichnung der Beiträge deutlich mache, dass sie sich diese nicht zu Eigen mache, weil im Bereich des Hochschulrechts bei Veröffentlichungen in einer Publikation der Beklagten streng zwischen den eigenen Äußerungen der Studierendenschaft und den namentlich gekennzeichneten Diskussionsbeiträgen von Studierenden zu unterscheiden sei.

aa) Der Beklagten sind in § 77 Abs. 2 Hessisches Hochschulgesetz (HHG) bestimmte Aufgaben zugewiesen. So nimmt die Beklagte nach § 77 Abs. 2 Ziff. 2 HHG die hochschulpolitischen Belange ihrer Mitglieder wahr. (Nur) in diesem Rahmen kann die Beklagte eigene Forderungen formulieren und vertreten. Darüber hinaus soll sie nach § 77 Abs. 2 Nr. 5 HHG die politische Bildung und das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein der Studierenden fördern. In diesem Rahmen ist ihr zwar die Herausgabe eines periodisch erscheinenden Druckwerks gestattet, um die politische Bildung und das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein zu fördern (Hess. VGH, Urteil vom 21. Februar 1991 – 6 UE 3562/88). Die Beklagte ist aber nicht selbst zur Erörterung allgemeiner politischer oder gesellschaftlicher Fragen befugt (BeckOK Hochschulrecht Hessen, von Coelln/Thürmer, Stand 1.4.2020, § 77 HHG Rn. 19). Dementsprechend muss die Beklagte bei Publikationen, die über hochschulpolitische Fragen hinausgehen, darauf achten, deutlich zu machen, dass es sich um Fremdbeiträge handelt.

bb) Dabei kann es allerdings bei der Frage des Sich-zu-eigen-Machens nicht darauf ankommen, was der Beklagten hochschulrechtlich gestattet ist. Maßgeblich ist grundsätzlich im Presserecht – und darum geht es hier -, wie ein Durchschnittsleser die Veröffentlichung versteht. Auch der Hess. VGH (aaO.) hat in seiner Entscheidung zu der Veröffentlichung eines Artikels in einem wöchentlich aufgelegten AStA-Informationsblatts geprüft, ob ein (dort unter einem Namenskürzel veröffentlichte) Artikel der (hiesigen) Beklagten als eigene Erklärung zuzurechnen ist.

cc) Der Hess. VGH (aaO.) hat zwar für die Kenntlichmachung eines fremden Beitrags die vollständige Namensangabe für ausreichend erachtet. Dennoch erscheint es dem Senat fraglich, ob allein die namentliche Nennung der Autoren der Artikel dem Leser hinreichend vor Augen führt, dass die Beklagte die Artikel nur verbreitet – selbst wenn es sich um eine AStA-Zeitschrift handelt.

Allerdings hat die Beklagte erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, dass im Editorial der Ausgabe der AStA-Zeitung ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Zeitung allen universitätsnahen Akteuren die Möglichkeit gibt, Probleme zu debattieren und in die Öffentlichkeit zu tragen. Durch diesen Hinweis war für den Durchschnittsleser in Verbindung mit der namentlichen Kennzeichnung hinreichend deutlich erkennbar, dass es sich bei der Zeitung um eine Art „Meinungsforum“ handelt, dessen Inhalte – ähnlich wie bei Pressespiegeln und Leserbriefen – die Beklagte lediglich verbreitet.

dd) Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den angegeben Namen der Autoren der Artikel zum einen um den Namen einer Gruppe (e) und zum anderen um einen Namen (D) handelt, der nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keiner realen Person zugeordnet werden kann. Abgesehen davon, dass sich der Kläger nach eigenen Angaben nicht bei der Beklagten nach den dahinterstehenden Personen erkundigt hat, ändert die Angabe eines Gruppennamens oder Pseudonyms (wobei letzteres nicht als solches erkennbar ist) nichts daran, dass durch den Hinweis auf eine fremde Autorenschaft und die Angaben im Editorial für einen unbefangenen Leser deutlich wurde, dass es sich um fremde Beiträge handelt.

3. Die Beklagte haftet auch nicht deshalb auf Unterlassung, weil sie die beanstandeten Artikel in ihrer Zeitung verbreitet hat. Die identifizierende Berichterstattung war nämlich rechtmäßig.

a) Allerdings kommt eine Haftung auch dann in Betracht, wenn Aussagen Dritter nur (intellektuell) verbreitet werden (Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 6. A., § 16 Rn. 16.18). Zwar gibt es beispielsweise bei Internetforen vielfältige Überlegungen dazu, dass die Verbreiterhaftung nicht ausufern darf. Ein Verleger oder Herausgeber einer Zeitung ist aber als „Herr der Zeitung“ für den Inhalt verantwortlich und haftet deshalb grundsätzlich auch bei der Verbreitung Äußerungen Dritter (BGH, Urteil vom 27. Mai 1986 – VI ZR 169/85, Rn. 16).

b) Eine Haftung scheidet nicht bereits deshalb aus, weil sich die Beklagte ausreichend von den Inhalten der Artikel distanziert hätte. Unabhängig davon, ob eine Distanzierung überhaupt zu einem Haftungsausschluss führen kann (vgl. dazu Soehring, aaO., § 16 Rn. 16.18), liegt hier keine ausreichende Distanzierung vor. Soweit es im Impressum heißt, dass die Inhalte der Artikel nicht zwangsläufig die Meinung der Mitglieder des AStA oder der Redaktion widerspiegeln, reicht dies nicht aus, um eine Haftung ausschließen zu können.

c) Die Beklagte haftet aber deshalb nicht, weil die identifizierende Berichterstattung rechtmäßig war.

aa) Durch die Verbreitung der Artikel hat die Beklagte in das von Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen.

(1) Allerdings liegt entgegen der Annahme des Senats in seiner Entscheidung vom 7. Januar 2016 kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, wonach der Einzelne grundsätzlich selbst darüber entscheiden kann, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. Nach der Entscheidung des BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 -1 BvR 16/13, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nämlich abweichend zu verstehen, und zwar primär als Gewährleistung, die insbesondere vor intransparenter Verarbeitung und Nutzung von Daten durch Private schützt. Es bietet Schutz davor, dass Dritte sich individueller Daten bemächtigen und sie in nicht nachvollziehbarer Weise als Instrument nutzen, um die Betroffenen auf Eigenschaften, Typen oder Profile festzulegen, auf die sie keinen Einfluss haben und die dabei aber für die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Davon zu unterscheiden ist der Schutz vor der Verarbeitung personenbezogener Berichte und Informationen als Ergebnis eines Kommunikationsprozesses. Schutz gegenüber solchen Gefährdungen bieten die äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unabhängig vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Betroffen ist damit das von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2006 – VI ZR 259/95, Rn. 11).

(2) Betroffen ist dabei zugleich die Sozialsphäre. Die Sozialsphäre betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht bzw. in dem der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen tritt, er durch sein Verhalten auf andere einwirkt und er dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens berührt (BGH, Urteil vom 21. November 2006, aaO., Rn. 13); dazu zählt insbesondere das berufliche und politische Wirken des Individuums (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 261/10, Rn. 16). Zugleich ist nicht mehr die Privatsphäre, sondern die Sozialsphäre betroffen, wenn der Betroffene mit seinen Aktivitäten und Anschauungen bewusst in die Öffentlichkeit getreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011, VI ZR 261/10, Rn. 16 ff.).

Der Artikel 1 knüpft daran an, dass es in dem von der G getragenen Verein L in O1 eine Auseinandersetzung um die politische Ausrichtung des Vereins gebe und in dem neuen Vorstand ein selbsternannter „Pick-Up-Artist“ der O1er … „Y“, Vorname1, aktiv sei. Es wird u.a. erläutert, worum es in der … geht und wie das Coaching des Klägers auftritt. Insoweit nimmt der Artikel Bezug auf einen von der F gedrehten Video-Clip von …, in dem der Kläger zu Wort kommt und in dem zu sehen ist, wie er in der O1er Fußgängerzone Frauen anspricht. Auch der Artikel 2, der sich ebenfalls mit dem Phänomen der Pick-up-Artist-Szene, deren Geschichte, Ausprägung und Kritikwürdigkeit befasst, bezieht sich auf die Zugehörigkeit des Klägers zur … Y, den Video-Clip und auf die Angaben des Klägers auf der Homepage der Agentur. Damit betrifft die Berichterstattung die Sozialsphäre des Klägers, da es um seine Tätigkeit als Pick-up-Artist und um Verhaltensweisen geht, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und sind und in diese ausstrahlen (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09 – Wenn Frauen zu sehr lieben, Rn. 17). Dabei ist unerheblich, dass es sich bei der Tätigkeit in der … nur um eine Nebentätigkeit handelt; entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war. Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pick-up-Artist präsentiert.

bb) Dieser Eingriff ist jedoch nicht rechtswidrig.

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers ist er nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil sich die Beklagte nicht auf das Grundrecht der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen könnte.

Hinsichtlich der Grundrechtsfähigkeit der Beklagten ist zu unterscheiden:

(a) Grundsätzlich sind juristische Personen des öffentlichen Rechts keine Grundrechtsträger und können sie sich zur Rechtfertigung von Äußerungen, die in geschützte Rechte Dritter eingreifen, nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen (Soehring, aaO., § 13 Rn. 13.28).

(b) Unabhängig davon kann sich die Beklagte keinesfalls auf Grundrechte berufen, wenn sie sich außerhalb des ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt (vgl. Hess. VGH, aaO., Rn. 33). Dies wäre dann der Fall, wenn sich die Beklagte die streitgegenständlichen Artikel zu eigen gemacht hätte, da sie – wie oben dargelegt – kein Mandat hat, über hochschulpolitische Belange hinaus zu politischen oder gesellschaftlichen Belangen selbst Stellung zu nehmen. Ein solches Zu-Eigen-Machen liegt jedoch nicht vor.

(c) Die Beklagte kann sich aber auf das den Autoren der veröffentlichten Artikel und den Lesern zustehende Grundrecht der Meinungs- und Kommunikationsgrundrechte berufen.

(aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Herausgabe der AStA-Zeitung zumindest dann von dem der Beklagten gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich gedeckt, wenn sie – wie hier bei einem bloßen Verbreiten der Artikel anzunehmen ist – der Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studenten im Sinne des § 77 Abs. 2 Ziff. 5 HHG dient.

(bb) Allerdings folgt aus der Wahrnehmung eines gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs nicht ohne Weiteres, dass sich die Beklagte auf ein ihr selbst zustehendes Grundrecht berufen könnte. Nach allgemeiner Auffassung können juristischen Personen des öffentlichen Rechts zwar dann in den Schutzbereich materieller Grundrechte einbezogen werden, wenn sie solche Aufgaben wahrnehmen, die ihrerseits unmittelbaren Grundrechtsschutz genießen, wie es beispielsweise bei Universitäten und Fakultäten hinsichtlich der Freiheit von Forschung und Lehre der Fall ist (Ender, in: BeckOK Epping/Hillgruber, GG, 45. Ed. Art. 19 GG Rn. 46). Für die Beklagte ist jedoch streitig, ob dies gilt, wenn sie ihre gesetzlich zugewiesenen Aufgaben wahrnimmt. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 27. Januar 1999 – VerfGH 66/98 – geurteilt, dass die Beklagte (auch) für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben Grundrechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann. Der Hess. VGH (aaO) hat anderes angedeutet, und das VG Bremen hat mit Beschluss vom 27. Mai 2001, 6 K 1531/99, im Rahmen des hochschulpolitischen Mandats der Beklagten auf die Grundsätze des Art. 5 GG zurückgegriffen.

(cc) Wenn es der Beklagten im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben der Förderung der politischen Bildung und der staatsbürgerlichen Verantwortung jedoch gestattet ist, über ein (periodisch) erscheinendes Druckwerk den Studierenden eine Art Diskussionsforum zu eröffnen, dann muss es der Beklagten auch möglich sein, sich unabhängig von einer eigenen Grundrechtsfähigkeit zumindest auf das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit der Verfasser (und auch Leser) der Artikel zu berufen. Ähnlich verhält es sich bei Bewertungsportalen. Auch wenn sich diese als juristische Personen des Privatrechts selbst auf Art. 5 Abs. 1 GG berufen können, ist anerkannt, dass zusätzlich auch die Meinungs- und Informationsfreiheit der Portalnutzer berührt ist (BGH, Urteil vom 23. September 2014 – VI ZR 358/13 – jameda). Würde man der Beklagten jegliches Berufen auf die Meinungs- und Kommunikationsfreiheit im Rahmen der Ermöglichung der politischen Diskussionen untersagen, würden auch die Grundrechte der Verfasser ausgehebelt, denen Art. 5 GG auch garantiert, frei über den Ort der Meinungsäußerung zu entscheiden (so auch Srocke, K&R 2016, 163). Die Beklagte könnte letztlich ein solches Druckwerk nicht mehr anbieten.

Damit kann die Beklagte zumindest die Meinungs- und Informationsfreiheit der Autoren (und der Leser) geltend machen.

(2) Die streitgegenständlichen identifizierenden Berichterstattungen sind zulässig, da bei Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsfreiheit zumindest der Verfasser der Artikel die Meinungsfreiheit überwiegt.

Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 7. Januar 2016 angenommen, dem öffentlichen Informationsinteresse könne genügt werden, ohne den Kläger identifizierbar zu machen. Nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage stellt sich diese unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien im hiesigen Verfahren davon abweichend wie folgt dar:

(a) Zunächst ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden kann (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 BvR 2499/09, Rn. 39; BGH, Urteil vom 21. November 2006, aaO., Rn. 14).

Zudem knüpfen die beiden Artikel an wahre Tatsachen der Sozialsphäre an. Wahre Tatsachen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (BVerfG, aaO.). Zudem ergibt sich gerade im Bereich der Sozialsphäre eine Einschränkung des Bestimmungsrechts desjenigen, über den berichtet wird. Äußerungen zu der Sozialsphäre desjenigen, über den berichtet wird, dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (BGH, aaO.; Urteil vom 20. Dezember 2011, aaO., Rn. 14). Schließlich lässt sich der Rechtsprechung entnehmen, dass auch bei Äußerungen zu der Sozialsphäre eine Interessenabwägung vorgenommen wird, innerhalb derer auch auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit abgestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2006, aaO., Rn. 11; Urteil vom 20. Dezember 2011, aaO., Rn. 21 f.).

Ohne Erfolg hält der Kläger dem in seiner Berufungserwiderung entgegen, eine identifizierende Berichterstattung sei nur ausnahmsweise und in besonders gelagerten Einzelfällen zulässig. Der Kläger bezieht sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung zu Berichterstattungen über strafrechtlich relevantes / rechtswidriges Verhalten. Insoweit argumentiert er, wenn schon darüber nicht identifizierend berichtet werden dürfe, dann könne für den streitgegenständlichen Sachverhalt, in dem sich der Kläger kein strafbares Verhalten habe zuschulden kommen lassen, nichts anderes gelten. Auch im nicht strafrechtlich relevanten Bereich müssten nach dem Bundesgerichtshof für eine zulässige identifizierende Berichterstattung erhebliche Anforderungen erfüllt werden.

Nach Auffassung des Senats kann diese Rechtsprechung aber nicht auf den hiesigen Fall übertragen werden. Denn es geht nicht um ein Fehlverhalten des Klägers, sondern um wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre und um eine Tätigkeit, die der Kläger in Coachings nebenberuflich lehrte und selbst in der Öffentlichkeit betreibt.

(b) Die Abwägung führt dazu, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse des Klägers an Anonymität überwiegt.

Es besteht zunächst ein hohes öffentliches Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Pick-up-Artist-Szene. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Artikel kam es an der Uni B vermehrt zu übergriffigem Verhalten, weshalb sich der Senat der Universität sich veranlasst sah, sich am XX.XX.2016 in einer Stellungnahme gegen den auch auf ihrem Gelände praktizierten „organisierten Sexismus durch sog. Pick-up-Artists“ auszusprechen. Das öffentliche Interesse beschränkt sich auch nicht nur auf die (weiblichen) Studierenden der Universität, sondern auf die gesamte Öffentlichkeit, wie sich auch dem Umstand entnehmen lässt, dass sich auch die Stadt O1 damit und mit dem Aspekt der Pick-Up-Seminare befasste und Oberbürgermeister Nachname1 und Frauendezernentin Nachname2 ausweislich des Artikel 2 (Bl. 30 d.A.) in einem Brief u.a. an Hoteliers darum baten, Seminaranfragen der Vaterfirma der Pick-Up-Artists abzulehnen.

Die Artikel selbst befassen sich mit der Historie der Szene und setzen sich kritisch damit auseinander, wie sie sich darstellt. Insoweit ist auch ein Interesse der Öffentlichkeit daran anzuerkennen zu erfahren, wie sich einzelne Vertreter der Szene in der Öffentlichkeit präsentieren, und sich damit zu beschäftigen. Insoweit ist es naheliegend, – wie geschehen – auch Vertreter der O1er Szene anzuführen. Fakt ist dabei, dass der Kläger zu der O1er Szene gehört und seine Position herausgehoben ist. Denn er praktiziert „Pick-up“ nicht nur selbst, sondern er lehrt(e) die Pick-Up-„Kunst“ im Nebenberuf in Coachingseminaren, was sich dem Online-Auftritt der … entnehmen lässt bzw. ließ, und er hat sich mit dem Thema ganz bewusst in die Öffentlichkeit begeben, indem er in einem im … gesendeten Beitrag der Sendung „N“ des Spartensenders „Bezeichnung1“ seine Pick-Up-Artist-„Philosophie“ vorstellte und seine Künste in der O1er Fußgängerzone – begleitet mit verstecktem Mikro und Spionagekamera – vorführte. Entsprechend wird der Kläger in dem Artikel 2 als „öffentlich auftretender und bekennender Pick-Up-Artist“ bezeichnet. Beide Artikel greifen gerade auf die bewusste Öffnung des Klägers sowohl durch den Video-Clip als auch durch seinen Auftritt auf der Homepage der … zurück und setzen sich damit auseinander, wie der Kläger aufgetreten ist und wie er die Sache sieht. Dabei ist es unerheblich, dass die Ausstrahlung des Video-Clips in der Sendung „N“ im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Artikel bereits 1 ½ Jahre zurück lag und der Kläger mit dem Clip auch nicht zufrieden war. Hinsichtlich des Inhalts des Clips hat der Kläger lediglich moniert, dass nicht erwähnt worden sei, dass er sich eher als Motivations- und Datingcoach für Männer sehe, denen es an Selbstvertrauen mangele; das betrifft aber nicht die Darstellung im Übrigen. Der Clip war zudem nach Ausstrahlung im Spartenkanal weiterhin als Video-Clip auf dem offiziellen YouTube-Kanal der F Mediathek abrufbar und wurde bis zum XX.XX.2016 73.847 Mal abgerufen. Hinzu kommt, dass das Video auch anderweitig für Irritationen gesorgt hat und darüber in der Presse berichtet wurde. Wie die Beklagte dargelegt hat, gab es ab 2012 immer wieder Berichterstattungen, in denen namentlich über den Kläger berichtet wurde, insbesondere im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements. Zu diesem Engagement gehört, dass er seit … im Vorstand des Vereins L ist, einem vom … der G getragenen Verein. Im Rahmen des Wechsels des Vorstands kam es zu Konflikten, über die auch in der Presse berichtet wurde. Dort wurde auch darüber berichtet, dass es Irritationen über die Zugehörigkeit des Klägers zur Pick-up-Artist-Szene gab (vgl. den Artikel in der Zeitung1 vom XX.XX.2015, Bl. 138; allerdings ohne Namensnennung). Auch wurde in der Zeitung2 vom XX.XX.2015 (Bl. 141 d.A.) über Rücktrittsforderungen wegen des Videos gegen den namentlich (Vorname1 A) genannten Kläger berichtet. Dies zeigt, dass das Video noch im … 2015 – und damit auch im Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Beiträge – noch von Bedeutung war. Zudem knüpft der Artikel 1 gerade an diese Rücktrittsforderungen an und setzt sich damit auseinander, dass sich das Selbstverständnis des Vereins nicht mit jenem der Pick-up-Szene vereinbaren lasse. Auch an einer solchen Betrachtung gibt es ein anerkennenswertes öffentliches Interesse. Hinzu kommt schließlich, dass über den Kläger nichts mitgeteilt wurde, was nicht durch das Video und den Internetauftritt des Klägers im Rahmen der … bekannt war, und dass sich die Berichte intensiv und sachlich – zumindest nicht reißerisch – mit dem Thema auseinandersetzten. Der Kläger muss im Übrigen auch damit rechnen, dass sich eine breitere Öffentlichkeit – an die er sich gewandt hat – mit seinem Verhalten befasst. Dabei ist auch nicht zu beanstanden, dass der Kläger – der im Übrigen nicht mit Nachnamen genannt wird – auch als Studierender der Universität B bezeichnet wird. Dass er konkret für die geschilderten Vorfälle auf dem Unigelände verantwortlich wäre, wird nicht behauptet.

(c) Die Zulässigkeit der identifizierenden Berichterstattung scheitert auch nicht daran, dass durch die Äußerungen eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen wäre.

Der Kläger hat insoweit behauptet, in Folge der Berichte habe sich in O1 eine Gruppierung Bezeichnung2 gegründet, die ihn ins Visier genommen habe. In der Folge seien am Schaukasten des Vereins L Flyer mit der „Aufschrift1“ und „Aufschrift2“ befestigt und im Dezember seien die Außenwände des Vereins mit „Beschriftung1“ beschmiert worden (vgl. Fotos Bl. 9/10).

Diese Vorfälle sind zwar unerfreulich. Allerdings handelt es sich nicht um gezielte Angriffe unmittelbar gegen den Kläger, sondern in erster Linie um allgemeine Unmutsäußerungen gegenüber dem Verein, der Ziel der Flyer und Farbschmierereien war, und durch die der Kläger nur mittelbar betroffen war, Zudem waren die Farbschmierereien keine Folge der Berichte; vielmehr war für sie offensichtlich dieselbe Gruppe e verantwortlich, die Artikel 1 verfasst hat.

III. Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Bildberichterstattung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB (analog) i.V.m. §§ 22, 23 KUG.

Insoweit fehlt es bereits an der Wiederholungsgefahr, da der AStA in dem gegen ihn durchgeführten Hauptsacheverfahren in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 24. November 2016 hinsichtlich der Bildnisveröffentlichung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat (vgl. Bl. 262 d.A.), die die Beklagte bindet.

Bei dem AStA handelt es sich um das nach § 78 Abs. 1 S. 4 HHG vorgesehene Organ der Beklagten, das diese nach außen vertritt. Das Landgericht ist zwar der Auffassung, dass nicht ersichtlich sei, dass der AStA das Anerkenntnis als Organ der Beklagten habe abgeben wollen. Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Der AStA ist als bloßes Organ der Beklagten nicht rechtsfähig, sondern nur ein Wirkungselement der Beklagten als juristische Person. Der Beklagtenvertreter des AStA hat in der mündlichen Verhandlung die strafbewehrte Unterlassungserklärung namens der Beklagten und damit des AStA angegeben. Daraus folgt zunächst nur, dass es sich um eine Erklärung des AStA handelt, nicht aber, ob diese im eigenen Namen oder für die Beklagte abgegeben wurde. Zwar fehlt eine ausdrückliche Erklärung im Namen der Beklagten; nach § 164 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich aber auch aus den Umständen ergeben, dass die Erklärung im Namen des Vertretenen erfolgt. Handelt ein Organ, ist nach den Umständen davon auszugehen, dass es nicht für sich selbst handelte (was grundsätzlich auch nicht möglich ist), sondern für die juristische Person, die es vertritt. Die Beklagte hat zudem erklärt, sich an diese Erklärung gebunden zu fühlen.

Nach alledem hat die Berufung in vollem Umfang Erfolg, so dass es nicht darauf ankommt, ob das Landgericht das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt hat.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Eine grundsätzliche Bedeutung ist auch nicht deshalb gegeben, weil die Grundrechtsfähigkeit der Beklagten in Streit steht und der Senat ihr zubilligt, sich auf die Grundrechte der Autoren und Leser zu berufen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Rechtsprechung, wonach bei Bewertungsportalen auch die Meinungs- und Informationsfreiheit der Portalnutzer berührt ist.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 48 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG.