OLG Braunschweig

Geschäftsnummger: 2U55/01

(Landgericht Braunschweig 9 0 114/00 (16))

Beschluss

In dem Rechtsstreit

…, Cremlingen,

– Berufungskläger, Beklagter und Anschlussberufungsbeklagter –

Prozessbevollmächtigte:  Rechtsanwälte …  Braunschweig,

gegen

…, 38302 Wolfenbüttel,

– Berufungsbeklagter, Kläger und Anschlussberufungskläger –

Prozessbevollmächtigter: RAe Ritter, Gross & Partner, Steintorwall 1 A, 38100 Braunschweig,

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig am 3. 9. 2001 durch den Vizeprä­si­denten des Oberlandesgerichts Göring sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Achilles und Dr. Weber-Petras beschlossen:

Die Berufung des Beklagten gegen das Teil-Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 21. 2. 2001 (Aktenzeichen: 9 0 114/00) wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Der Beklagte ist mit höchstens 1500 DM beschwert.

Dem Kläger wird für das Verfahren über die Berufung des Beklagten Prozesskosten­hilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt … zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.

Der Antrag des Klägers vom 26.6.2001, ihm für die beabsichtigte unselbständige An­schluss­berufung Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen. Insofern ist das Verfahren gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden insofern nicht erstattet.

Gründe

Das Landgericht Braunschweig hat den Beklagten mit dem am 21. 2. 2001 verkündeten Tei­lurteil im Wege der Stufenklage verurteilt, in der ersten Stufe dem Kläger Auskunft zu ertei­len und ge­ordnet Rechnung zu legen über sämtliche Vereinbarungen, welche er in Bezug auf die Verwertung der vom Kläger entworfenen Figur ,,Donky“ seit dem 1.6.1995 getroffen hat einschließlich der Namen und Anschriften der Lizenznehmer und der hierfür vereinbarten und erhaltenen Vergütun­gen. Wegen des weitergehenden Auskunftsanspruchs und hinsichtlich des Feststellungsantrages des Klägers hat es die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form – und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Beru­fung ist jedoch gemäß § 519 b ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert des Be­schwerde­gegenstandes 1500 DM nicht übersteigt. Im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Ver­urteilung zur Erteilung einer Auskunft, zur Rechnungslegung oder dergleichen bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 511 a ZPO nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert sowie nach einem etwaigen Geheimhaltungs­interesses des Verurteilten, nicht aber nach dem Wert des Aus­kunftsanspruchs (BGH Großer Senat für Zivilsachen BGHZ 128, 85ff). Da hier ein Geheimhaltungsinteresse des Beklagten nicht gel­tend gemacht wird, kommt es nur auf den Zeit- und Kostenaufwand für die zu erteilende Auskunft bzw. Rechnungslegung an.

Dazu hat der Beklagte unterschiedlich vorgetragen. Zunächst hat er für 7 Geschäftsjahre je 3 Stunden Arbeit zu je 100 DM angesetzt und dazu ausgeführt, dass darin auch die Überprüfung und Ermittlung der aktuellen Namen und Anschriften enthalten seien. Zutreffend hat der Kläger dagegen eingewandt, dass letzteres nach dem Teilurteil nicht geschuldet sei.

Schließlich hat der Beklagte vorgetragen, dass sämtliche Buchhaltungsunterlagen zu insge­samt 74 Ordnern zu je ca. 80 Blatt durchzuarbeiten seien, wofür pro Ordner 0,75 Stunden anzusetzen seien, wobei für die Arbeit des Buchhalters des Beklagten 41,11 DM pro Stunde anfielen. Dabei müsse der Buchhalter nicht nur die Ordner aus dem Archiv im Keller hervor­holen, er müsse den Rech­nungsausgang und den Geldeingang kontrollieren und darüber hin­aus noch die Geldeingänge in allen Kassenbüchern sichten sowie die Geschäftsvorfälle auf 2 Geschäftskonten durchsehen. Hinzu käme das Aus- und Einheften von Belegen, das Erstellen und Kontrollieren der Listen neben Kopier- und Ordnungstätigkeiten.

Geschuldet ist nach dem Teilurteil nur die Auskunft über die dort näher genannten Verträge sowie über die vereinbarten und erhaltenen Vergütungen. Es genügt also, die Vereinbarungen zu ermit­teln, aus denen sich auch die vereinbarten Vergütungen ergeben dürften. Daneben ist nur noch zu prüfen, welche Vergütungen auch tatsächlich gezahlt wurden. Dazu sind jedoch nicht sämtliche Buchhaltungsunterlagen zu der Kasse und den Geschäftskonten durchzusehen. Die so ermittelten Daten sind dann für den Kläger nachvollziehbar geordnet darzustellen. Der von dem Beklagten hinsichtlich der 74 Ordner vorgetragene Aufwand ist daher nicht geschul­det.

Bis zum maßgeblichen Eingang der Berufung sind ca. 6 Geschäftsjahre von der Auskunfts­pflicht erfasst. Wenn man einen Kostenaufwand von 50 DM pro Stunde zugrunde legt, der noch über dem zuletzt von dem Beklagten geltend gemachten liegt, so entfielen auf jedes Ge­schäftsjahr 5 Stunden Tätigkeit, ohne dass der Berufungswert überschritten würde. Das sind noch 2 Stunden pro Jahr mehr als die von dem Beklagten zunächst genannten 3 Stunden pro Geschäftsjahr. Insgesamt er­scheint dieser Aufwand realistisch und ist daher gemäß § 3 ZPO anzusetzen (zur Bemessung des Wertes in derartigen Fällen: BGH NJW 1999, 30500.

Dem Kläger ist gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO antragsgemäß Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz zu gewähren, soweit er sich gegen die Berufung des Beklagten verteidigt. Für die von ihm beabsichtigte unselbständige Anschlussberufung ist ihm jedoch Prozessko­stenhilfe zu versagen, denn die Anschlussberufung würde mit der Verwerfung der Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO ihre Wirkung verlieren. Auf Grund des Hinweises des Vorsitzenden vom 23.5.2001, wonach zunächst der Wert der Beschwer näher aufgeklärt werden solle, konnte eine kosten­bewusste Partei auch zunächst eine Anschlussberufung bis zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung zurückstellen.

Die Kostenentscheidung bezüglich der Berufung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO und bezüg­lich des Verfahrens über Prozesskostenhilfe aus § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.

Göring                 Dr. Achilles       Dr. Weber-Petras