Der Zusammenschluss von CTS Eventim mit den Four Artists Agenturen, der – insbesondere wegen noch ungünstigerer Bedingungen für einen nachstoßenden Wettbewerb – die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung erwarten lässt, stellt ohne weiteres eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs dar

BGH BESCHLUSS KVR 34/20 vom 12. Januar 2021 – CTS Eventim/Four Artists

GWB § 36 Abs. 1 Satz 1

a) Für die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung genügt es, wenn die Marktmacht ausgleichende Wirkung des Wettbewerbs durch eine Veränderung der markt- und unter-nehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies schon vor dem Zusammenschluss der Fall war. Die Anforderungen an die Verstärkungs-wirkung stehen dabei in einer Wechselbeziehung zu der Wettbewerbssituation auf dem betroffenen Markt, insbesondere dem Maß der bereits ohne die Verwirklichung des Zu-sammenschlussvorhabens eingetretenen Schwächung der Kontrolle bestehender Markt-macht durch den Wettbewerb.

b) Ein Zusammenschluss, der – insbesondere wegen noch ungünstigerer Bedingungen für einen nachstoßenden Wettbewerb – die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stel-lung erwarten lässt, stellt ohne weiteres eine erhebliche Behinderung wirksamen Wett-bewerbs dar.

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2021 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Roloff, den Richter Dr. Tolkmitt und die Richterin Dr. Picker
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
Die Betroffenen haben die Kosten des Rechtsbeschwerde-verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen des Bundeskartellamts zu tragen.
Gründe:
I. Die Betroffene zu 1 (nachfolgend: CTS Eventim) beabsichtigte, über ihre Tochtergesellschaft, die Betroffene zu 2, jeweils 51 % der Anteile an den Unternehmen Four Artists Booking Agentur GmbH und Four Artists Events GmbH (nachfolgend gemeinsam: Four Artists) zu erwerben. Das Bundeskartell-amt untersagte das Zusammenschlussvorhaben, weil es durch vertikale Integra-tion eines Rock-Pop-Tourneeveranstalters zur Verstärkung der marktbeherr-schenden Stellung von CTS Eventim auf dem mehrseitigen Markt für Ticketsys-temdienstleistungen und damit zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB führen würde.
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Die dagegen gerichtete Beschwerde von CTS Eventim hat das Beschwer-degericht zurückgewiesen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Dezember 2018 – VI-Kart 3/18 (V), juris). Daraufhin haben die Verkäufer der Geschäftsanteile ihren Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Mit der vom Senat zugelassenen Rechts-beschwerde begehrt CTS Eventim nunmehr festzustellen, dass der Beschluss des Bundeskartellamts rechtswidrig gewesen ist. Das Bundeskartellamt tritt dem Rechtsmittel entgegen.
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, CTS Eventim besitze auf dem bundesweiten Angebotsmarkt für die Erbringung von Ticketvertriebs-dienstleistungen an Veranstalter mit einem seit Jahren unangefochtenen Markt-anteil im oberen Bereich der Spanne zwischen 50 und 60 % und weitem Vor-sprung vor den Wettbewerbern eine marktbeherrschende Stellung. Ihre Markt-position zeichne sich zudem verglichen mit dem nächstgrößten Konkurrenten Reservix/AD Ticket, der lediglich einen Marktanteil zwischen 10 und 20 % halte, durch die vertikale Integration in den CTS-Konzern aus. Neben dem Ticketver-triebssystem eventim.net, in dessen Datenbank rund 200.000 Veranstaltungen eingestellt seien, gehörten zu dem Konzern insbesondere knapp 20 Tournee- und Festivalveranstalter, zahlreiche örtliche Veranstalter, die 2016 mindestens 80 % ihrer Tickets über eventim.net abgewickelt hätten, sowie eigene Vorver-kaufsstellen (stationär und online), die ausschließlich Tickets aus dem CTS- System anböten.
Diese vertikale Integration führe zu indirekten Netzwerkeffekten auf dem Angebotsmarkt für Ticketvertriebsleistungen, aus denen sich signifikante Wett-bewerbsvorteile für CTS Eventim ergäben. So könne CTS Eventim der Konkur-renz die konzerneigenen Veranstaltungen entziehen und sie dem eigenen Ticket-vertriebssystem zuweisen. Dies steigere die Attraktivität von CTS Eventim für dritte Veranstalter, weil eine vergrößerte Veranstaltungsauswahl auf eventim.net den Nutzen dieser Plattform für die Endkunden und damit die Wahrscheinlichkeit
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eines Ticketverkaufs erhöhe. Diese Zusammenhänge seien wettbewerblich rele-vant. Denn auf die konzerneigenen Veranstalter entfielen 10 bis 15 % des wert-mäßigen Marktvolumens. Gestärkt werde die Marktstellung von CTS Eventim auch durch das an dem etwa doppelt so hohen durchschnittlichen Eintrittspreis erkennbare attraktivere Veranstaltungsportfolio, das gleichermaßen den Nutzen von eventim.net für Endkunden und Veranstalter erhöhe.
Hinzukomme die überragende Bedeutung des Online-Ticketvertriebs eventim.de mit mehr als 10 Millionen registrierten Nutzern und einer die engsten Konkurrenten Ticketmaster und Reservix/AD jeweils um mehr als das Fünffache übertreffenden Zahl von acht bis zwölf Millionen monatlicher Besuche. Auf eventim.de und die anderen CTS-eigenen Online-Vertriebssysteme entfalle ein wertmäßiger Anteil von 70 bis 80 % des gesamten Onlinevertriebs von Tickets über Ticketvertriebssysteme. Mehr als zwei Drittel der befragten Tourneeveran-stalter hielten den Onlinevertrieb über CTS Eventim nach Funktionalität, hoher Verkaufsstellenanzahl und Reichweite für unverzichtbar.
Infolge der vertikalen Integration verfüge CTS Eventim gegenüber ihren Konkurrenten über deutlich mehr wettbewerbsrelevante Kundendaten, die es er-möglichten, Veranstaltern eine gezielte und bessere Werbung für ihre Veranstal-tungen anzubieten.
Die Marktstellung von CTS Eventim werde weder durch eine Möglichkeit der Veranstalter zur Nutzung paralleler Vertriebssysteme („Multi-Homing“) relati-viert, der nach den Ermittlungen des Bundeskartellamts technische und wettbe-werbliche Grenzen gesetzt seien, noch durch innovationsgetriebenen Wettbe-werbsdruck. Ebenso wenig begrenze gegengewichtige Nachfragemacht der Ver-anstalter, etwa in Form einer Umstellung auf Eigenvertrieb, wirksam die Markt-macht von CTS Eventim. Schließlich bestehe auch kein hinreichender Substitu-tionswettbewerb durch andere Ticket-Vertriebswege (Online-Portale, veranstal-tereigene Online-Shops, Inhouse-Systeme).
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Das beabsichtigte Zusammenschlussvorhaben lasse eine erhebliche Be-hinderung wirksamen Wettbewerbs erwarten, weil es zur Verstärkung der markt-beherrschenden Stellung von CTS Eventim führte; es erfülle damit die Untersa-gungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB. Die beabsichtigte vertikale Integration des Zielunternehmens würde die Wettbewerbsstellung von CTS Eventim spürbar verbessern, weil mit Four Artists ein bedeutender Abnehmer von Ticketsystemdienstleistungen gegen konkurrierende Ticketsysteme abgeschot-tet werden könnte. Der Zusammenschluss ermöglichte es CTS Eventim, den im Geschäftsbetrieb von Four Artists anfallenden Ticketvertrieb auf Dauer und ex-klusiv an das eigene Unternehmen zu binden. Dies beträfe rund 700.000 Tickets jährlich und damit einen Marktanteilszuwachs von gut 1 %. Zugleich baute CTS Eventim dadurch die vertikale Integration auf der Marktseite der Veranstalter deutlich aus.
III. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde, die die Anfechtungsbeschwerde zulässigerweise mit einem Fortsetzungsfeststel-lungsantrag weiterverfolgt, stand. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei an-genommen, dass der beabsichtigte Zusammenschluss zu untersagen war, weil durch ihn wirksamer Wettbewerb auf dem Angebotsmarkt für Ticketvertriebs-dienstleistungen durch eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von CTS Eventim erheblich behindert worden wäre.
1. Gemäß § 36 Abs. 1 GWB ist ein nach den §§ 35, 39 GWB anmel-depflichtiger Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich be-hindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherr-schende Stellung begründet oder verstärkt, vom Bundeskartellamt zu untersa-gen, soweit kein Fall des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 GWB vorliegt.
2. Das Beschwerdegericht hat mit rechtsfehlerfreier und auch von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffener Begründung den bundesweiten Ange-botsmarkt für Ticketvertriebsdienstleistungen als sachlich und räumlich betroffe-nen Markt identifiziert.
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3. Ebenso wenig zu beanstanden ist seine Annahme, CTS Eventim komme auf diesem Markt eine beherrschende Stellung zu.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ver-fügt CTS Eventim bereits ohne den Zusammenschluss über eine überragende Marktstellung mit einem seit Jahren unangefochtenen Marktanteil im oberen Be-reich der Spanne zwischen 50 und 60 % und weitem Vorsprung vor den Wettbe-werbern. Hinzu kommt die vertikale Integration in den CTS-Konzern, zu dem das Ticketvertriebssystem eventim.net, Tournee- und Festivalveranstalter, örtliche Veranstalter mit einem sehr hohen Anteil über eventim.net vertriebener Tickets sowie ausschließlich Tickets aus dem CTS-System anbietende eigene Vorver-kaufsstellen gehören.
Aus dieser vertikalen Integration folgen, wie das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, zugunsten von CTS Eventim wettbewerbsre-levante indirekte Netzwerkeffekte und Zugriffsmöglichkeiten auf Kundendaten. Gestärkt werden diese Effekte und damit die Marktstellung von CTS Eventim ferner insbesondere durch das vom Beschwerdegericht festgestellte deutlich attraktivere Veranstaltungsportfolio und die überragende Bedeutung des von mehr als zwei Dritteln der befragten Tourneeveranstalter für unverzichtbar gehal-tenen Online-Ticketvertriebs eventim.net. Schließlich sind 5 % bis 15 % der über eventim.net vermittelten Tickets praktisch dem Wettbewerb entzogen, weil sie auf Veranstalter entfallen, die mittels einer CTS-eigenen Software im Eigenver-trieb absetzen, sich aber zusätzlich eventim.net angeschlossen haben.
Diese überragende Marktstellung von CTS Eventim wird nach den weite-ren Feststellungen weder durch die mögliche gleichzeitige Nutzung mehrerer Vertriebssysteme („Multi-Homing“), die insbesondere dadurch begrenzt wird, dass auf Ticketkontingente nicht systemübergreifend zugegriffen werden kann, noch durch innovationsgetriebenen Wettbewerbsdruck relativiert. Ebenso wenig begrenzen eine gegengewichtige Nachfragemacht der – stark zersplitterten –
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Marktgegenseite der Veranstalter oder Substitutionswettbewerb durch andere Vertriebswege wirksam die Marktmacht von CTS Eventim.
4. Schließlich nimmt die Rechtsbeschwerde die Beurteilung des Be-schwerdegerichts hin, die marktbeherrschende Stellung von CTS Eventim wäre durch den Erwerb von Four Artists verstärkt worden. Auch diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ganz wesentlich anhand des Zwecks des § 36 Abs. 1 GWB zu bestimmen.
Zweck der Zusammenschlusskontrolle ist es, eine Unternehmens-konzentration zu verhindern, die die strukturellen Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt derart verändert, dass infolge der Entstehung einer marktbeherr-schenden Stellung die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs nicht mehr gewähr-leistet ist oder ein bereits beeinträchtigter Wettbewerb durch die Verstärkung einer bestehenden marktbeherrschenden Stellung weiter eingeschränkt oder die Chance für sein Wiederaufleben weiter verschlechtert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 1978 – KVR 4/77, BGHZ 71, 102, 115 [juris Rn. 56] – Kfz- Kupplungen). Nach ständiger Rechtsprechung wird eine marktbeherrschende Stellung verstärkt, wenn rechtliche oder tatsächliche Umstände dem marktbe-herrschenden Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit eine günstigere Wett-bewerbsposition verschaffen würden. Dazu genügt es, wenn die Marktmacht ausgleichende Wirkung des Wettbewerbs durch eine Veränderung der markt- und unternehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies schon vor dem Zusammenschluss der Fall war. Die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung kann insbesondere schon in der Stärkung der Fähigkeit eines Unternehmens liegen, nachstoßenden Wettbewerb abzuweh-ren und den von aktuellen und potentiellen Wettbewerbern zu erwartenden Wett-bewerbsdruck zu mindern, um die bereits errungene Marktposition zu erhalten und zu sichern (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 1979 – KVR 2/79, BGHZ 76,
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55, 73 [juris Rn. 49] – Springer/Elbe Wochenblatt I; Beschlüsse vom 15. Juli 1997 – KVR 33/96, BGHZ 136, 268, 278 f., 282 f. [juris Rn. 42 bis 44, 55] – Stromver-sorgung Aggertal; KVR 21/96, WuW DE-R 32 [juris Rn. 48] – Stadtwerke Garbsen; Beschluss vom 7. Februar 2006 – KVR 5/05, BGHZ 166, 165 Rn. 49 – DB Regio/Üstra). Auf einen bestimmten Grad an Spürbarkeit kommt es dabei nicht an. Insbesondere genügt bei Märkten mit einem hohen Konzentra-tionsgrad schon eine geringfügige Beeinträchtigung des verbliebenen oder potentiellen Wettbewerbs für eine Verstärkungswirkung (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2008 – KVR 60/07, BGHZ 178, 285 Rn. 61 – E.ON/Stadt-werke Eschwege, mwN).
So kann die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung eines Duo-pols auf dem Erstabsatzmarkt für Strom aus einer vertikalen Integration in Form einer Minderheitsbeteiligung an einem kleineren Stadtwerk folgen (BGHZ 178, 285 Rn. 1, 56, 58 – E.ON/Stadtwerke Eschwege). Als die marktbeherrschende Stellung verstärkend kann es in einem solchen Fall auch berücksichtigt werden, wenn das marktbeherrschende Unternehmen die langfristige Geschäftsstrategie verfolgt, durch Minderheitsbeteiligungen an seinen Abnehmern seine Absatz-wege langfristig zu sichern (BGHZ 178, 285 Rn. 63 – E.ON/Stadtwerke Eschwege).
Als Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung werden danach nur solche strukturellen Veränderungen erfasst, die überhaupt eine Auswirkung auf die Wettbewerbsbedingungen erwarten lassen und in diesem Sinne qualitativ oder quantitativ marktrelevant sind. Dementsprechend reicht ein auch erhebli-cher Zuwachs an Finanzkraft für ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht bereits als solcher für die Untersagung eines Zusammenschlusses aus, sondern erst dann, wenn im konkreten Fall Auswirkungen der erheblich gewachsenen Finanzkraft auf die Stellung des marktbeherrschenden Unternehmens im Wett-bewerb zu erwarten sind (vgl. BGHZ 71, 102, 116 f. [juris Rn. 57, 59] – Kfz- Kupplungen). Die Anforderungen an die Verstärkungswirkung lassen sich dabei
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nicht abstrakt festlegen. Sie stehen vielmehr in einer Wechselbeziehung zu der Wettbewerbssituation auf dem betroffenen Markt, insbesondere dem Maß der bereits ohne das Zusammenschlussvorhaben eingetretenen Schwächung der Kontrolle der bestehenden Marktmacht durch den Wettbewerb, und sind deshalb umso niedriger, je stärker die Marktstellung des erwerbenden Unternehmens bereits ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 – KVR 12/06, BGHZ 170, 299 Rn. 26 – National Geographic II; Beschluss vom 21. Dezember 2004 – KVR 26/03, WuW/E DE-R 1419, 1424 [juris Rn. 26] – Deutsche Post/trans- o-flex).
Für diese Betrachtung der Wettbewerbsbedingungen ist die Gesamtheit der strukturellen Wettbewerbsparameter in den Blick zu nehmen. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist dafür jedoch unerheblich, ob das erwerbende Un-ternehmen seine marktbeherrschende Stellung im Leistungswettbewerb erwor-ben hat. Der Leistungswettbewerb erlaubt es einem Unternehmen, eine markt-beherrschende Stellung zu erwerben und grundsätzlich auch zu behalten. Er kann es aber nicht rechtfertigen, die überragende Marktstellung durch externes Wachstum in Form anmeldepflichtiger Zusammenschlüsse noch weiter zu ver-stärken. Dies ist besonders bedeutsam, wenn indirekte Netzwerkeffekte ohnehin den Ausbau der marktbeherrschenden Stellung begünstigen und eine hohe Hürde für nachstoßenden Wettbewerb begründen.
b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei angenommen, die beabsichtigte vertikale Integration des Ziel-unternehmens würde die Wettbewerbsstellung von CTS Eventim spürbar verbes-sern und damit ihre marktbeherrschende Stellung verstärken, da mit ihr nicht nur ein Marktanteilszuwachs von gut 1 % verbunden wäre, sondern mit Four Artists ein bedeutender Abnehmer von Ticketsystemdienstleistungen dadurch gegen konkurrierende Ticketsysteme abgeschottet würde, dass CTS Eventim den jähr-lich etwa 700.000 Tickets umfassenden Vertrieb für Four Artists auf Dauer und exklusiv an sich binden könne.
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Im Hinblick auf die vom Beschwerdegericht fehlerfrei festgestellte, überra-gende Marktstellung von CTS genügte schon eine geringfügige Beeinträchtigung des verbliebenen oder potentiellen Wettbewerbs für eine Verstärkungswirkung (vgl. BGHZ 178, 285 Rn. 61 – E.ON/Stadtwerke Eschwege, mwN). Eine solche ergibt sich ohne weiteres aus der vom Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei ange-nommenen Abschottungswirkung des beabsichtigten Zusammenschlusses. Da-für ist unerheblich, dass der beabsichtigte vertikale Zusammenschluss nicht zu einer Addition von Marktanteilen führen konnte, sondern sich der nach den Fest-stellungen zu erwartende Marktanteilszuwachs auf den Anteil der zugunsten von CTS Eventim zumindest faktisch gebundenen Nachfrage auf dem Absatzmarkt für Ticketsystemdienstleistungen bezog. Vielmehr stellt die bewirkte stärkere Ab-schottung des Marktes für Wettbewerber von CTS Eventim durch vertikale In-tegration eines größeren Abnehmers von Ticketsystemdienstleistungen, dessen Bedeutung sich in dem damit verbundenen Marktanteilszuwachs von immerhin etwa 1 % widerspiegelt, vor dem Hintergrund des bereits bestehenden erhebli-chen Vorsprungs vor allen Wettbewerbern, der bereits bestehenden vertikalen Integration und der den Marktbeherrscher ohnehin vor nachstoßendem Wettbe-werb schützenden indirekten Netzwerkeffekte eine jedenfalls qualitativ marktre-levante Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von CTS Eventim dar. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass mehr als zwei Drittel der befrag-ten Tourneeveranstalter den Absatz über CTS Eventim schon unabhängig von dem Zusammenschluss für unverzichtbar halten und es hiernach naheliegt, dass Veranstalter selbst bei höheren Preisen jedenfalls nicht ohne weiteres gewillt wären, anstelle von CTS Eventim einen Wettbewerber zu beauftragen. Damit ist ein Angriff von Wettbewerbern auf die Marktstellung von CTS Eventim bereits ohne eine weitere Bindung von Absatzkanälen zugunsten von CTS Eventim er-heblich erschwert; die zusätzliche – jedenfalls faktische – Bindung vergrößert diese Erschwernis und verstärkt damit die Marktmacht.
5. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, die festgestellte drohende Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von CTS Eventim rechtfertige die
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Untersagung nicht, weil das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft die erforderliche zusätzliche Prüfung versäumt habe, ob der Zusammenschluss wirksamen Wett-bewerb erheblich behinderte.
a) Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die Ver-stärkung einer marktbeherrschenden Stellung ohne weiteres für eine erhebliche Behinderung ausreicht, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die geltende Fassung des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB noch ungeklärt und in der Litera-tur umstritten.
aa) Nach der bis zur 8. GWB-Novelle geltenden Rechtslage war ein Zu-sammenschluss zu untersagen, von dem zu erwarten war, dass er eine marktbe-herrschende Stellung begründete oder verstärkte (§ 36 Abs. 1 GWB aF). Dieses Untersagungskriterium wurde nach ständiger Rechtsprechung durch jede Ver-stärkung einer marktbeherrschenden Stellung erfüllt, die dem marktbeherrschen-den Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit eine günstigere Wettbewerbs-position verschaffte, ohne dass es dabei auf einen bestimmten Grad an Spürbar-keit ankam (BGHZ 178, 285 Rn. 61 – E.ON/Stadtwerke Eschwege, mwN). Nach der am 23. Juli 2015 mit der 8. GWB-Novelle in Kraft getretenen Neufassung des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB ist ein Zusammenschluss zu untersagen, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu er-warten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. War zuvor die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stel-lung einziges Untersagungskriterium, sollte dies künftig in Angleichung an Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (FKVO) die erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs (significant impediment of effective competition, „SIEC-Kriterium“) sein. Die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung sollte dabei „Regelbeispiel“ für die Erfüllung der Generalklausel sein (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 8. GWB- Novelle, BT-Drucks. 17/9852, S. 19, 28).
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bb) Mit dieser Neufassung des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB hat sich der Bundesgerichtshof bislang lediglich in einem eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss befasst. Darin hat er ausgeführt, aus der in § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB angeführten marktbeherrschenden Stellung der an einem Zusammenschlussvorhaben beteiligten Unternehmen könne eine drohende er-hebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs jedenfalls dann abgeleitet wer-den, wenn keine Umstände festgestellt seien, aus denen sich gegenläufige Aus-wirkungen ergeben könnten (BGH, Beschluss vom 23. September 2014 – KVZ 82/13, WuW/E DE-R 4535). Dieser Beschluss betraf indes allein die im dortigen Streitfall in Rede stehende Begründung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Zusammenschlussvorhaben (zutreffend Dreher/Kulka, Wett-bewerbs- und Kartellrecht, 10. Aufl., Rn. 1553). Die Veränderung der Marktstruk-tur durch die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung stellt ohne Weite-res eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs dar.
cc) Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung reicht die Ver-stärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht ohne weiteres aus, um einen Zusammenschluss zu untersagen. Hinzukommen müsse vielmehr eine aufgrund gesonderter Prüfung festzustellende erhebliche Behinderung wirksamen Wettbe-werbs durch den Zusammenschluss (vgl. Kühnen, WuW 2012, 458, 464; Esser/Höft, NZKart 2013, 447, 453; Barke/Stransky, WRP 2014, 674, 675; Schroeder in Festschrift für Wulf-Henning Roth, 2015, S. 583, 599 bis 601; Bechtold/Bosch, GWB, 9. Aufl., § 36 Rn. 23; Steinvorth in Wiedemann, Hand-buch des Kartellrechts, 4. Aufl., § 20 Rn. 86; im Grundsatz auch Monopolkom-mission, 20. Hauptgutachten gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 GWB, 2012/2013, Rn. 564 bis 566; Körber, WuW 2014, 250, 254 f.). Nach der vom Gesetzgeber beabsichtigten Angleichung an die europäische Fusionskontrolle stelle die Be-gründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nur noch ein Regelbeispiel hierfür dar (vgl. BT-Drucks. 17/9852, S. 19, 28). Sei der Marktbe-herrschungstest das Regelbeispiel, die Erheblichkeitsprüfung in Form des SIEC-
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Tests jedoch der übergeordnete Grundtatbestand, könne nicht jede noch so ge-ringe Verstärkung ohne weiteres als erheblich angesehen werden (vgl. Körber, WuW 2014, 250, 255). Schon vor der 8. GWB-Novelle habe die Kommission einen Marktanteilszuwachs von unter 5 % beim marktbeherrschenden Unterneh-men nicht als erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs angesehen (vgl. etwa Kommission, Entscheidung vom 26. Juni 1998, Fall IV/M. 1168 DHL/ Deutsche Post, Rn. 25; vom 9. August 2004 Fall Comp/M. 3439 Agfa Gevaert/Lastra, Rn. 117). Zwar liege bei Begründung einer marktbeherrschen-den Stellung wegen der damit verbundenen strukturellen Beeinträchtigung des Wettbewerbs immer eine erhebliche Wettbewerbsbehinderung vor, bei der Ver-stärkung einer marktbeherrschenden Stellung sei dies aber nicht der Fall (Bechtold/Bosch aaO, § 36 Rn. 23; Steinvorth aaO, Rn. 83, 86; Körber WuW 2014, 250, 254).
Von den Vertretern dieser Auffassung werden unterschiedliche Anforde-rungen an die Feststellung der Erheblichkeit der Verstärkung gestellt. Teilweise wird verlangt, dass die Verstärkungswirkung in Anlehnung an die Fallpraxis der Kommission quantitativ spürbar sein müsse, sodass auch auf hoch konzentrier-ten Märkten ein Marktanteilszuwachs von weniger als 5 % nicht zwingend zu einer Untersagung führe (Esser/Höft, NZKart 2013, 447, 454; ähnlich Schroeder aaO, S. 601). Andere Autoren möchten bei den Anforderungen an die Erheblich-keit danach unterscheiden, wie stark wirksamer Wettbewerb schon vor dem Zu-sammenschluss behindert wird. Sie knüpfen dabei an den bereits vor Einführung des SIEC-Kriteriums vom Bundesgerichtshof angewendeten Grundsatz an, dass der verbleibende Rest- oder potentielle Wettbewerb umso schutzwürdiger und die Anforderungen an die Verstärkungswirkungen des Zusammenschlusses umso geringer sind, je stärker der Wettbewerb bereits beschränkt ist (vgl. o. Rn. 20). Danach könnten auch geringe, in anderem Zusammenhang als uner-heblich einzustufende Verschlechterungen der Wettbewerbsverhältnisse eine Untersagung rechtfertigen (Körber, WuW 2014, 250, 255; Bechtold/Bosch aaO, § 36 Rn. 23; Steinvorth in Wiedemann aaO, Rn. 86).
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dd) Nach der Gegenansicht stellt die Verstärkung einer marktbeherr-schenden Stellung immer eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs dar, so dass die Untersagung des Zusammenschlusses keine gesonderte Erheblichkeitsprüfung erfordert (Kahlenberg in Loewenheim/Meessen/ Wiesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, 4. Aufl., § 36 GWB Rn. 5; Münch-KommWettbR/Christiansen/Knebel, 3. Aufl, § 36 GWB Rn. 106; Thomas in Kling/Thomas, Kartellrecht, 2. Aufl., § 22 Rn. 118; Kallfass in Langen/Bunte, 13. Aufl., § 36 GWB Rn. 28; Bardong, NZKart 2013, 303 f.). Diese Ansicht beruft sich darauf, dass nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers die Entschei-dungspraxis der Gerichte zu der Frage, wann eine marktbeherrschende Stellung durch einen Zusammenschluss verstärkt wird, unter der Neuregelung fortgelten und die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung stets eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs darstellen sollten (vgl. BT-Drucks. 17/9852, S. 28). Die gewünschte Angleichung an das materielle Un-tersagungskriterium der europäischen Fusionskontrolle bedeute nicht, dass es in der Anwendungspraxis keine Unterschiede mehr geben dürfe. Die unterhalb der Schwellenwerte der Fusionskontrollverordnung eröffnete nationale Fusionskon-trolle sei unionsrechtlich nicht harmonisiert. Die Akquisitionsstrategien von Groß-unternehmen, etwa früher in der Energieversorgung, heute in der Digitalwirt-schaft, machten es erforderlich, die Möglichkeiten zur Untersagung von Zusam-menschlüssen bei Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht gegen-über der Rechtslage vor Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle einzuschränken.
b) Der zuletzt genannten Ansicht ist zuzustimmen. Verstärkt ein Zu-sammenschluss eine bereits bestehende marktbeherrschende Stellung im Sinne einer qualitativ oder quantitativ marktrelevanten weiteren Verschlechterung der Gesamtheit der strukturellen Wettbewerbsbedingungen, stellt er eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB dar und ist zu untersagen. Einer weiteren gesonderten Feststellung der Erheblichkeit der Behinderung wirksamen Wettbewerbs bedarf es nicht.
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aa) Aus dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB ergibt sich kein An-haltspunkt für die Notwendigkeit einer gesonderten Prüfung der Erheblichkeit der behindernden Auswirkungen auf den Wettbewerb, wenn ein Zusammenschluss die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung erwarten lässt. Denn danach ist insbesondere ein Zusammenschluss zu untersagen, „von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt“. Darin liegt eine Abweichung vom Wortlaut des Art. 2 Abs. 3 FKVO, wonach Zusammenschlüsse zu untersagen sind, durch die wirksamer Wettbe-werb erheblich behindert würde, insbesondere durch Begründung oder Verstär-kung einer beherrschenden Stellung. Nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB genügt die Verstärkung einer beherrschenden Stellung für die Un-tersagung, während der Wortlaut des Art. 2 Abs. 3 FKVO auch eine Auslegung zulässt, die nicht jede, sondern nur die erhebliche Verstärkung der beherrschen-den Stellung für die Untersagung ausreichen lässt.
bb) Mit der Neufassung des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB bezweckte der Gesetzgeber – entsprechend Art. 1 Abs. 3 FKVO (vgl. Erwägungsgrund 25 a.E. FKVO) – eine Ergänzung des Untersagungstatbestands im Hinblick auf die weni-gen wettbewerblich schädlichen Konstellationen bei Zusammenschlüssen, in de-nen die Voraussetzungen der Einzelmarktbeherrschung nicht erfüllt sind. Dadurch sollten insbesondere komplexe Oligopolsachverhalte und nicht koordi-niertes bzw. unilaterales Verhalten einzelner Unternehmen erfasst werden. Be-zweckt war keine Einschränkung, sondern im Gegenteil eine Erweiterung der Zu-sammenschlusskontrolle. In diesem Sinne betont die Begründung des Gesetz-entwurfs ausdrücklich, dass die bisherige Entscheidungspraxis der Gerichte wei-ter gelte, etwa zu der Frage, wann eine marktbeherrschende Stellung durch einen Zusammenschluss verstärkt werde. Ferner heißt es, die Begründung oder Ver-stärkung einer marktbeherrschenden Stellung stelle stets eine erhebliche Behin-derung wirksamen Wettbewerbs dar (vgl. BT-Drucks. 17/9852, 28).
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cc) Dies stimmt damit überein, dass nach der ständigen, oben darge-stellten Rechtsprechung des Senats (Rn. 18 bis 21) bei der Prüfung der Verstär-kung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Zusammenschlussvorhaben nicht nur die Anzahl der nach dem Zusammenschluss verbleibenden Wettbewer-ber und ihre Marktanteile betrachtet werden dürfen, sondern alle Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb in den Blick zu nehmen sind, wo-bei es insbesondere bei eher geringen markt- oder unternehmensbezogenen strukturellen Veränderungen maßgeblich darauf ankommt, ob infolgedessen rechtliche oder tatsächliche Umstände dem marktbeherrschenden Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit eine günstigere Wettbewerbssituation verschaffen (BGHZ 136, 268, 278 [juris Rn. 42 f.] – Stromversorgung Aggertal; BGHZ 166, 165 Rn. 49 – DB Regio/Üstra). Diese Veränderung ist festzustellen durch einen Vergleich der den Wettbewerb auf dem relevanten Markt bestimmenden Kräfte vor und nach dem Zusammenschluss unter Einbeziehung der zu erwartenden weiteren Entwicklung (vgl. BGHZ 71, 102, 115 ff. – Kfz-Kupplungen). Sind be-stimmte Veränderungen der die Marktmacht bestimmenden Größen so gering, dass sie den Schluss auf eine Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse in dem dargelegten Sinne nicht rechtfertigen, ist bereits das Tatbestandsmerkmal der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht erfüllt (BGHZ 76, 55, 73 [juris Rn. 49] – Springer/Elbe Wochenblatt I). Ist hingegen – insbesondere wegen noch ungünstigerer Bedingungen für einen nachstoßenden Wettbewerb – eine weitere Verringerung der die Marktmacht ausgleichenden Wirkung des Wettbewerbs zu besorgen, ergibt sich aus der Verstärkung der marktbeherr-schenden Stellung notwendigerweise eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs.
dd) Diese Auslegung steht im Einklang mit der in der 9. GWB-Novelle zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers, Gefährdungen des funktionsfähigen Wettbewerbs gerade in der volkswirtschaftlich besonders wich-tigen, innovationsgetriebenen Digitalwirtschaft zu begegnen. So ist in § 35
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Abs. 1a GWB eine transaktionswertbezogene Aufgreifschwelle geschaffen wor-den, um künftig insbesondere Akquisitionen noch umsatzschwacher, aufstreben-der Unternehmen durch marktbeherrschende Unternehmen der Digitalwirtschaft der Zusammenschlusskontrolle zu unterwerfen (vgl. Gesetzentwurf der Bundes-regierung zur 9. GWB-Novelle, BT-Drucks. 18/10207, S. 70 f.). Allerdings ist die neue, transaktionswertbezogene Aufgreifschwelle mit 400 Millionen Euro so hoch festgelegt worden, dass sie gerade nicht den Gefahren für den Wettbewerbs- und Innovationsprozess begegnen kann, die sich bei niedrigeren Transaktionswerten aus dem Aufkauf kleinerer Unternehmen durch marktbeherrschende Unter-nehmen ergeben können. Dies spricht für eine Auslegung des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB, die nach Einfügung des SIEC-Kriteriums weiterhin eine Bestreitbar-keit verfestigter Machtpositionen durch die Untersagung auch geringfügiger Ver-stärkungen der Marktstellung zu sichern sucht (vgl. Ein neuer Wettbewerbsrah-men für die Digitalwirtschaft, Bericht der Kommission Wettbewerbsrecht 4.0, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2019, S. 65, 71). Nur so ist es möglich, den verbliebenen Restwettbewerb auf bereits hochkonzentrierten Märk-ten wirksam zu schützen und zu verhindern, dass besonders starke marktbeherr-schende Unternehmen ihre Stellung durch den – gegebenenfalls konsekutiven – Aufkauf kleinerer Wettbewerber nachhaltig absichern könnten.
ee) Dieses Verständnis trägt der Funktion der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs als einzigem Untersagungskriterium Rechnung. Dieses Kriterium entzieht sich einer Quantifizierung und bedarf der Konkretisierung an-hand der im Einzelfall relevanten Wettbewerbsbedingungen. Je stärker auf einem Markt die Wettbewerbskräfte bereits geschwächt sind, desto eher stellt sich auch eine weitere, für sich genommen geringfügige Schwächung als für den Wettbe-werb auf dem betroffenen Markt erheblich dar. Deshalb ist, soweit schon eine geringfügige Stärkung der Stellung eines marktbeherrschenden Unternehmens für eine Verstärkungswirkung als ausreichend erachtet wird, zugleich auch das Erfordernis einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs erfüllt.
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ff) Dem steht nicht entgegen, dass die Gesetzesbegründung die Be-gründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung als „Regelbei-spiel“ einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs bezeichnet. Die-ser Begriff wird dort untechnisch verwandt. Dies zeigt sich darin, dass die in Klammern gesetzte Formulierung „Marktbeherrschung als Regelbeispiel“ unmit-telbar an die Aussage angefügt worden ist, die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung stelle stets eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs dar (vgl. BT-Drucks. 17/9852, S. 28). Dementsprechend findet sich im Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB auch kein klarer Hinweis darauf, dass Marktbeherrschung ein Regelbeispiel sein könnte, wie etwa bei der Formulierung „in der Regel“ in § 158 Abs. 2 FamFG oder dem von der Rechts-beschwerde angeführten § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB. Das stattdessen verwendete Wort „insbesondere“ ist insoweit mehrdeutig. Es kann zwar auch ein Regelbei-spiel einleiten (vgl. § 2 Abs. 1 UrhG, § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG), aber ebenso einen Regelfall beschreiben, bei dessen Vorliegen ein Tatbestand stets erfüllt ist. So liegt es nach dem erläuterten Sinn und Zweck der Norm (vgl. o. Rn. 18) bei § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB. Die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschen-den Stellung ist der Regelfall der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbe-werbs durch einen Zusammenschluss. Nur ausnahmsweise und unter besonde-ren Voraussetzungen kann ein Zusammenschluss auch in anderer Weise zu einer erheblichen Behinderungswirkung führen.
gg) Es besteht auch kein Bedürfnis, nach Feststellung einer Verstär-kungswirkung noch eine gesonderte Erheblichkeitsprüfung zu verlangen, um die Untersagung von Zusammenschlüssen zu vermeiden, die keine überwiegend negativen oder sogar positiven Wettbewerbswirkungen hätten. Dieser Gefahr kann bereits durch eine dem Normzweck entsprechende Auslegung des Tatbe-stands der Verstärkung wirksam begegnet werden. Zudem kennt das deutsche Fusionskontrollrecht anders als die Fusionskontrollverordnung der Union mit der Abwägungsklausel des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GWB und der Ministererlaubnis nach § 42 GWB zwei weitere Möglichkeiten, im Ausnahmefall trotz Verstärkung
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einer marktbeherrschenden Stellung von der Untersagung eines Zusammen-schlusses abzusehen.
hh) Gegen dieses Verständnis bestehen keine unionsrechtlichen Be-denken.
(1) Für die Behandlung von Zusammenschlüssen ohne gemeinschafts-weite Bedeutung im deutschen Fusionskontrollrecht ergeben sich keine Vorga-ben aus dem Unionsrecht. Daher bestehen zwischen der deutschen und der eu-ropäischen Fusionskontrolle weiterhin nicht unerhebliche Unterschiede, insbe-sondere beim Zusammenschlussbegriff, den Marktbeherrschungsvermutungen, der Abwägungsklausel und der Ministererlaubnis. Das deutsche Recht verweist zur Auslegung des SIEC-Kriteriums auch nicht auf das Unionsrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2007 – C-280/06, Slg. 2007, I-10893, Rn. 3, 21 – Autorità Garante della Concorrenza/ETI, zu einer derartigen Verweisung im italienischen Kartellrecht). Trotz des mit dem SIEC-Kriterium der Fusionskontroll-verordnung weitgehend übereinstimmenden Wortlauts ist es deshalb autonom auszulegen (aA Säcker, WuW 2010, 370, 374; Esser/Höft, NZKart 2013, 447, 456).
Zwar beabsichtigte der Gesetzgeber mit der Einführung des SIEC-Kriteri-ums eine Angleichung an das materielle Untersagungskriterium der europäi-schen Fusionskontrolle. Er verband dies indes mit der Erwartung, eine (lediglich) weitgehend gleichlaufende Beurteilung von Fusionsvorhaben auf deutscher und europäischer Ebene zu erleichtern, nicht einen vollständigen Gleichlauf zu ge-währleisten (vgl. BT-Drucks. 17/9852, S. 28).
(2) In einer ersten Entscheidung der Unionsgerichte zur Auslegung des SIEC-Kriteriums in der europäischen Fusionskontrolle hat das Gericht der Euro-päischen Union zudem darauf hingewiesen, dass dieses Kriterium eingeführt wurde, um den sachlichen Anwendungsbereich der Kontrolle auf Fälle oligopo-
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listischer Märkte zu erweitern, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behin-dert wird, ohne dass die beteiligten Unternehmen eine individuell oder kollektiv marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken (EuG, Urteil vom 28. Mai 2020 – T-399/16 – CK Telecoms UK, NZKart 2020, 378 Rn. 87). Zum an-deren sollte der Begriff der beherrschenden Stellung erhalten und gestärkt sowie die Rechtssicherheit bei der Anwendung der Zusammenschlusskontrolle erhöht werden (EuG, aaO Rn. 88 f. – CK Telecoms UK). In diesem Sinne hält auch Er-wägungsgrund 26 FKVO fest, dass eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs im Allgemeinen aus der Begründung oder Stärkung einer beherr-schenden Stellung resultiere. Damit hat das Unionsgericht den eigenständigen Anwendungsbereich des SIEC-Kriteriums jedenfalls im Grundsatz auf die beson-dere Fallgruppe unilateraler Effekte auf oligopolistischen Märkten beschränkt (vgl. Bach, NZKart 2020, 337). Dies entspricht der Bedeutung der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs für die Zusammenschlusskontrolle im deutschen Recht.
(3) Soweit der Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union im Übrigen die Auffassung zu entnehmen ist, bei der Begründung und Verstär-kung einer beherrschenden Stellung einerseits und der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs andererseits handele es sich um zwei Kriterien, die kumulativ erfüllt sein müssten, um einen Zusammenschluss nach Art. 2 Abs. 3 FKVO zu untersagen (EuG, aaO Rn. 83 f. – CK Telecoms UK, mit Hinweis auf das zur ursprünglichen Fassung des Art. 2 Abs. 3 FKVO gemäß der Verord-nung (EWG) Nr. 4064/89 ergangene Urteil des EuG vom 21. September 2005 – T-87/05 – EDP/Kommission, WuW/E EU-R 943 Rn. 49), hat das Unionsgericht zugleich betont, dass sich aus ein und derselben tatsachenbezogenen Prüfung eines bestimmten Marktes ergeben könne, dass beide Kriterien erfüllt sind. Als Beispielsfall dafür hat das Unionsgericht die Begründung einer marktbeherr-schenden Stellung genannt, die ein Unternehmen in die Lage versetzt, die Auf-rechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt zu verhindern, in-dem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, Kunden und
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letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (EuG, WuW/E EU-R 943 Rn. 48 – EDP/Kommission). Dementspre-chend liegt die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung eines Unterneh-mens vor, wenn seine Möglichkeiten zu unabhängigem Verhalten erweitert werden. Eine solche Verstärkungswirkung erfüllt nach der Rechtsprechung des Unionsgerichts zugleich das Kriterium der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs. Insoweit weicht das Fusionskontrollrecht der Union materiell nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, die an eine quantitativ oder qualitativ marktrelevante Verstärkungswirkung anknüpft, die dann ohne weiteres auch eine erhebliche Wettbewerbsbehinderung darstellt. Diese Übereinstim-mung im Fusionskontrollrecht schließt allerdings nicht aus, dass die Auslegung des Verstärkungsbegriffs im Unionsrecht und im deutschen Recht im Einzelfall zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 3 GWB, § 97