Bei der Veröffentlichung von Fotos eines Kindes getrenntlebender gemeinsam sorgeberechtigter Eltern auf einer kommerziellen Zwecken dienenden Internetseite handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB.

OLG Oldenburg (Oldenburg) 13. Zivilsenat, Beschluss vom 24.05.2018, 13 W 10/18

§ 1628 BGB, § 1687 Abs 1 S 1 BGB

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 09. April 2018 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die nicht ermäßigte Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. Nr. 1812 KV zum Gerichtskostengesetz).

GRÜNDE
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Der Antragsteller und Frau … sind die geschiedenen Eltern der am … geborenen … . Die Mutter ist Inhaberin des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind; im Übrigen üben die Eltern die Sorge für … gemeinsam aus. Die Mutter ist in zweiter Ehe mit dem Antragsgegner verheiratet und lebt mit der Tochter auf dessen Bauernhof, für welchen er die Internetseite www…. betreibt. Der Antragsteller rügt, der Antragsgegner habe ohne sein Einverständnis Fotos des Kindes auf dieser Seite veröffentlicht.

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Der Antragsteller begehrt im Namen seiner Tochter … Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage mit den Anträgen,

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1,) dem Antragsgegner zu untersagen, auf der von ihm betriebenen Webseite www… weiterhin Lichtbilder und weitere persönliche Informationen von … zu verbreiten und

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dem Antragsgegner aufzugeben diese auch aus Internet-Suchmaschinen wie Google zu entfernen,

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2.) den Antragsgegner zu verurteilen, den Antragsteller darüber in Kenntnis zu setzen, wo und wann dieser Lichtbilder und/oder weitere persönliche Daten von … veröffentlicht hat,

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3.) dem Antragsgegner zu untersagen, weiterhin Lichtbilder und/oder weitere persönliche Daten von … im öffentlichen Raum (z.B. Internet, Printmedien, Suchmaschinen) zu verbreiten sowie

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4.) den Antragsgegner zu verurteilen, Schadensersatz zu zahlen.

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Durch hiermit vollinhaltlich in Bezug genommenen Beschluss vom 09. April 2018 hat das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass grundsätzlich beide Elternteile einer Veröffentlichung von Bildern ihres Kindes hätten zustimmen müssen. Da es sich hierbei aber um eine Angelegenheit der elterlichen Sorge handle, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, sei der Antragsteller nicht berechtigt, ohne eine familiengerichtliche Übertragung der entsprechenden Befugnis allein gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos seiner Tochter im Internet gerichtlich vorzugehen.

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Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde, hinsichtlich deren Begründung auf die Beschwerdeschrift vom 13. April 2018 Bezug genommen wird.

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Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

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Zu beachten ist zunächst, dass gemäß § 22 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Hierzu zählt auch das Einstellen von Fotos auf einer Internetseite. Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es zusätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. BGH NJW 2005, 56-58). Dies sind im Regelfall gemäß § 1629 BGB die sorgeberechtigten Eltern.

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Der Antragsteller ist jedoch nicht befugt, allein im Namen seiner Tochter gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes gerichtlich vorzugehen, da für eine Entscheidung hierüber gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB das – hier nicht vorliegende – gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich ist. Dies folgt daraus, dass es sich bei einer Entscheidung über die Veröffentlichung von Fotos des Kindes auf der streitbefangenen Internetseite www…. und – hieraus folgend – bei einer Entscheidung über ein gerichtliches Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung um eine Angelegenheit handelt, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB sind in Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB im Regelfall solche, die nicht häufig vorkommen und auch deshalb in aller Regel erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben oder haben können und in ihren Folgen nur mit einigem Aufwand zu beseitigen sind. Zu beachten ist auch die soziale Bedeutung des Entscheidungsgegenstandes (vgl. Palandt-Götz, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1687 Rdnr. 4). Im vorliegenden Fall ist zunächst der besonderen Bedeutung des in § 22 KunstUrhG einfachgesetzlich normierten Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beruhenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts Rechnung zu tragen (vgl. auch KG Berlin, FamRZ 2011, 1659-1660, juris-Rdnr. 51). Insbesondere bei Veröffentlichung von Fotos im Internet ist dieses Recht in erhöhtem Maße gefährdet, da der Personenkreis, dem die Fotos zugänglich gemacht werden, theoretisch unbegrenzt ist, eine verlässliche Löschung von Fotos nicht möglich und eine etwaige Weiterverbreitung kaum kontrollierbar ist (vgl. DIJuF Rechtsgutachten 2.11.2016 – ES 7.120 Lh, JAmt 2017, 27-30). Hinzu kommt, dass die streitbefangenen Fotos auf der Webseite des vom Antragsgegner betriebenen Bauernhofes veröffentlicht wurden und werden, die eindeutig werbenden Charakter hat und folglich kommerzielle Ziele verfolgt. Insbesondere aufgrund dieses Gesichtspunktes erscheint die sechsjährige … besonders schutzbedürftig, so dass für diese eine Entscheidung für oder gegen die Veröffentlichung von Bildern auf der streitbefangenen Internetseite von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Eine derartige Entscheidung kann mithin nur im gegenseitigen Einvernehmen der Eltern erfolgen, woraus aber auch folgt, dass der Antragsteller nicht allein befugt ist, den Antragsgegner wegen unzulässigen Hochladens der Fotos gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Eine familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung über ein derartiges Vorgehen auf den Antragsteller nach § 1628 BGB ist bislang nicht erfolgt.

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Die sofortige Beschwerde war daher mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückzuweisen.